Versicherungspflicht für Krankheitskosten in Deutschland
Jede Person mit Wohnsitz in Deutschland muss nach dem Versicherungsvertragsgesetz (VVG) Krankheitskostenversicherung abschließen und aufrechterhalten:
„§ 193 Versicherungspflicht
…..
(3) Jede Person mit Wohnsitz im Inland ist verpflichtet, bei einem in Deutschland zum Geschäftsbetrieb zugelassenen Versicherungsunternehmen für sich selbst und für die von ihr gesetzlich vertretenen Personen, soweit diese nicht selbst Verträge abschließen können, eine Krankheitskostenversicherung, die mindestens eine Kostenerstattung für ambulante und stationäre Heilbehandlung umfasst und bei der die für tariflich vorgesehene Leistungen vereinbarten absoluten und prozentualen Selbstbehalte für ambulante und stationäre Heilbehandlung für jede zu versichernde Person auf eine betragsmäßige Auswirkung von kalenderjährlich 5.000 Euro begrenzt ist, abzuschließen und aufrechtzuerhalten…..“
Versicherer aus einem anderen Land der Europäischen Union (EWR-Dienstleister)
Theoretisch kann auch ein Vertrag bei einem Versicherer aus einem anderen Land der Europäischen Union oder des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR-Dienstleister) geeignet sein, diese gesetzliche Versicherungspflicht zu erfüllen. Dieser Vertrag muss aber bestimmte Voraussetzungen erfüllen. Ist das nicht der Fall, ist der Versicherte nicht krankenversichert im Sinne des VVG und muss (nachträglich) einen Vertrag, der der Versicherungspflicht nach § 193 Absatz 3 VVG genügt, abschließen. Die Folge ist, dass er wegen des verspäteten Abschlusses zusätzlich einen Prämienzuschlag entrichten hat. Genügt der Vertrag den Voraussetzungen des § 193 III VVG, ist der Kontrahierungszwang in der deutschen Pflegepflichtversicherung gegeben.
Muss der EWR-Dienstleister in Deutschland zugelassen sein?
Die Versicherer aus dem EU/EWR-Ausland, deren Produkte über Makler in Deutschland vermittelt werden, ist keine eigene Zulassung der deutschen Aufsicht erforderlich, wenn sie im Besitz einer Zulassung durch ihre Herkunftslandbehörde sind und die Prüfung bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) durchlaufen haben (bis 31.12.15 Notifikationsverfahren § 110a VAG).
Wie wird geprüft, ob ein EWR-Dienstleistervertrag der Pflicht zur Versicherung nach § 193 Abs. 3 VVG genügt
Die Prüfung findet im Rahmen des Antrages auf die Aufnahme in die deutsche Pflegepflichtversicherung statt. Die BaFin vertritt die Auffassung, dass die Frage, ob der bei einem EU-/EWR-Dienstleister abgeschlossene Krankenversicherungsvertrag der Pflicht zur Versicherung nach § 193 Abs. 3 VVG genügt im Einzelfall vom Unternehmen zu prüfen ist. Für diese Einzelfallprüfung muss der aufnahmewillige Interessent der Pflegepflichtversicherung seine Vertragsunterlagen des EU-/EWR-Dienstleisters über die Krankenversicherung zur Verfügung stellen.
Welche Gesichtspunkte sind für die Einzelfallprüfung maßgeblich
1. Keine Ausschnittsdeckung
Nach § 193 Abs. 3 S. 1 VVG muss die Krankheitskostenversicherung mindestens die Kostenerstattung für ambulante und stationäre Heilbehandlung umfassen, die für tariflich vorgesehene Leistungen vereinbarten absoluten und prozentualen Selbstbehalte für ambulante und stationäre Heilbehandlung müssen auf eine betragsmäßige Auswirkung von kalenderjährlich 5.000 Euro begrenzt sein.
D. h.:
- der Versicherungsschutz darf sich nicht auf die Behandlung bestimmter Krankheiten beschränken oder medizinisch notwendige Heilbehandlung wegen bestimmter Krankheiten ausschließen oder grundsätzlich einschränken (etwa HIV, Allergien, ambulante und stationäre Psychotherapie)
- nach Vertragsschluss auftretende Krankheiten müssen in den Krankenversicherungsschutz einbezogen werden.
2. Substitutive Krankenversicherung
Eine nach dem deutschen Recht erforderliche substitutive Krankenversicherung ist eine Krankenversicherung, die ganz oder teilweise den im gesetzlichen Sozialversicherungssystem vorgesehenen Kranken- oder Pflegeversicherungsschutz ersetzen kann (§ 12 Abs. 1 VAG, § 195 Abs. 1 VVG). Die substitutive Krankenversicherung muss danach im Inland nach Art der Lebensversicherung betrieben werden, wobei u.a. die Alterungsrückstellung nach § 341f des Handelsgesetzbuchs zu bilden ist (§ 12 Abs. 1 Nr. 2 VAG).
D.h.:
-im Versicherungsvertrag muss das ordentliche Kündigungsrecht des Versicherungsunternehmens ausgeschlossen sein (§ 12 Abs. 1 Nr. 3 VAG).
- der Krankenversicherungsvertrag darf nicht befristet abgeschlossen werden, ohne dass die Voraussetzungen des § 195 Abs. 2 und 3 VVG vorliegen.
3. Anwendbares Recht
Nach Artikel 46 c EGBGB unterliegt ein über die Pflichtversicherung abgeschlossener Vertrag deutschem Recht, wenn die gesetzliche Verpflichtung zu seinem Abschluss auf deutschem Recht beruht. Alle dem deutschem Recht widersprechenden Regelungen des Vertrages sind nach § 208 VVG unwirksam. Da nicht anzunehmen ist, dass der Versicherungsnehmer und der ausländische Versicherer den Versicherungsvertrag auch ohne die unwirksamen Regelungen abgeschlossen hätten, ist der gesamte Versicherungsvertrag nach § 139 BGB nichtig und daher nicht geeignet, die Pflicht zur Versicherung zu erfüllen.
Wie erfahren ich, ob meine EU-Krankenversicherung den Anforderungen des § 193 III VVG entspricht?
Die BaFin hat eine Liste der EWR-Dienstleister, die bereits die Prüfung durchlaufen haben. Auf Anfrage entweder telefonisch 0228 299 70 299 oder per E-Mail poststelle@bafin.de unter Angabe der Namen der EU-Krankenversicherung und des zuständigen Referates VBS 4 werden Sie eine Auskunft bekommen. Die auf der Internetseite der BaFin veröffentliche Liste der EWR-Dienstleister ist hierzu irrelevant.